Sebastians erster Schultag (Alfred Klassen)

Erzähler:
Das wichtigste am ersten Schultag, das allerwichtigste ist – die Schultüte. Das weiß jedes Kind. Sebastian wusste es auch. Und wie er sich auf seine Schultüte freute! Ob ihr euch das vorstellen könnt? Als er frühmorgens aufwachte, war sein einziger Gedanke: meine Schultüte. Heute kriege ich sie! Aber es war noch ziemlich dunkel. Sein Bruder und seine Schwester schliefen, sogar seine Mutter schlief, und sein Vater schnarchte, als ob er ein dickes Brett durchsägen wollte. Wie konnte man an einem solchen Tag so lange schlafen? Sebastian lag in seinem Bett und seufzte und dachte an seine Schultüte.

Die Zeit kroch heute so langsam wie eine Schnecke, aber irgendwie wurde es doch Morgen und Mittag. Da fragte Sebastian seine Mutter:

Sebastian
Kann ich noch ein bisschen nach draußen gehen?
Mutter
Meinetwegen, aber mach dich nicht schmutzig! Um halb drei gehen wir los!

Erzähler
Sebastian rannte die Treppe hinunter, und gerade als er an der Haustür war, fiel ihm wieder die Schultüte ein. Er blieb stehen: Eigentlich könnte ich doch…, überlegte er. Und leise, ganz leise schlich er die Treppe wieder hinauf. Hinein ins Wohnzimmer, wo die Schultüte stand. Und husch, war er wieder unten. Mit der Schultüte. Seine Mutter hatte nichts gemerkt. Sie war in der Küche und klapperte mit dem Geschirr.

Sebastian war stolz wie ein Schneekönig.  Er hielt die Schultüte ganz vorsichtig, um sie ja nicht zu zerdrücken! Hatte irgendein Kind auf der Welt eine so wunderschöne Schultüte wie er? Er ging die Straße entlang, die zum Fluss führte. Leider waren nicht viele Leute unterwegs, die seine Schultüte bestaunen konnten. Doch als er mitten auf der Brücke war, sah er Michael. Das war sein bester Freund. Er fuhr gerade im Park unten am Fluss mit dem Fahrrad herum.

Sebastian
Michael, guck mal, was ich hier habe! Die beste Schultüte der Welt!

Erzähler
Sebastian riss die Arme hoch, um Michael die Schultüte zu zeigen. Aber da passierte es auch schon. Die Schultüte rutschte ihm aus den Händen und flog in hohem Bogen über das Brückengeländer in den Fluss. Michael konnte nur noch sehen, wie die Schultüte im Wasser versank.

Sebastian
Meine Schultüte, meine Schultüte ist weg. Da schwimmt sie. Ich krieg sie nie mehr wieder.

Erzähler
Den ganzen Weg nach Hause brüllte Sebastian so laut, dass alle Leute sich umdrehten. Sogar seine Mutter vergaß das Schimpfen, als sie Sebastians Gebrüll hörte. Sie sagte:

Mutter
Dann gehen wir eben ohne Schultüte zur Schule. Wir können so schnell keine andere herbekommen.

Sebastian
Ich geh nicht in die Schule ohne Schultüte! Alle anderen haben eine, nur ich nicht.

Erzähler
Aber es half nichts. Sebastian musste mitgehen. Auf dem Weg zum Gottesdienst in der Kirche schrie er so laut, dass sogar die Vögel auf den Zäunen vor Angst davon flogen. Das hörte eine Lehrerin und fragte ihn:

Lehrerin
Sebastian, was ist denn bloß los? Warum weinst du so sehr?

Sebastian
Meine Schultüte! Meine Schultüte ist weg. Sie ist in den Fluss gefallen.

Mutter
Ja, Sebastian hat seine Schultüte heimlich mitgenommen und sie dann in den Fluss fallen lassen.

Lehrerin
Das tut mir aber leid, Sebastian! Das ist wirklich schlimm. Da wäre ich genauso traurig wie du. Nur gut, dass du deinen Schulranzen noch hast. Der ist wichtiger als die Schultüte. Und das Wichtigste, das Allerwichtigste für den ersten Schultag, das hast du ja auch noch. So ein Glück. Sebastian.

Erzähler
Das Wichtigste? Sebastian schluckte. Das Allerwichtigste habe ich? Plötzlich hörte er auf zu brüllen. Das Allerwichtigste für den ersten Schultag – was soll denn das sein?

Was meint ihr?
……
Die Lehrerin wird es euch sagen.

Lehrerin
Das Wichtigste, das ihr für die Schule braucht, sind eure Augen, eure Ohren, eure Hände.

* Mit den Augen kann man … sehen. Seht ihr das Bild dort? (alle mit dem Finger darauf zeigen)
* Seht ihr einen Tisch in diesem Raum? Alle mit dem Finger darauf zeigen.
* Mit den Ohren kann man … hören. Ich werde jetzt ein ganz leises Geräusch machen. Wenn ihr alle ganz leise seid und gut zuhört, wisst ihr, was es ist. 
* Mit den Händen kann man zufassen. Was kann man mit den Händen zur Schule tragen?

Erzähler

Die Augen, die Ohren, der Mund, die Hände – alles das kommt von Gott. Gott hat die Menschen so gemacht, dass sie sehen, hören, sprechen und zufassen können. Darüber sind wir froh. Dafür können wir Gott danken.