Marlies Klassen
 
 
 
 

 

 

Das Kornwunder von Myra


ERZÄHLER: Vor vielen hundert Jahren gab es eine Stadt, die hieß Myra. Weit weg von hier gab es diese Stadt in der Türkei. Dort lebte der Nikolaus. Weil er ein frommer Mann war und für die Menschen da war, machten die Menschen von Myra ihn zum Bischof in ihrer Stadt. Jeden Morgen fuhren die Fischer mit ihren Booten aufs Meer hinaus um Fische zu fangen. Die Frauen kümmerten sich um ihre Familien. Und die Kinder freuten sich immer, wenn sie dem guten Bischof Nikolaus trafen. Es war eine schöne Zeit. Aber dann regnete es in Myra nicht mehr. Die Pflanzen verdursteten, die Felder vertrockneten, es wurde in diesem Jahr nichts geerntet. Es gab auch keine Fische im Meer. Die Fischer fuhren jeden Morgen zum Fischen, aber die Netze blieben meistens leer. Im Hafen trafen sich die hungrigen Menschen und klagten ihre Not: Seit dem Winter hat es nicht mehr geregnet. Im Frühling nicht, im Sommer nicht und im Herbst auch nicht. Der Winter beginnt und unsere Vorratskammern sind leer. Es gibt kein Brot zu kaufen, keine Kartoffeln, kein Obst und die Tiere sind auch alle so dürr, dass wir kein Fleisch auf den Tisch bringen können. Fische gehen auch fast keine mehr ins Netz. Es ist furchtbar! Da kann uns nur noch ein Wunder helfen.
Der Bischof NIKOLAUS ermutigt die Leute: Betet, betet, Gott wird uns hören und helfen. Es muß etwas geschehen, damit die Frauen wieder Brot backen können, die Schafe und Ziegen wieder Milch geben und die Männer wieder Fische fangen. Wir dürfen die Hoffnung und den Glauben nicht verlieren.“
Als Bischof Nikolaus wieder einmal andächtig in seiner Kirche betete, hörte er plötzlich Freudenschreie.
Alle Bewohner liefen voller Freude zum Hafen. Am Horizont war ein Segelschiff aufgetaucht. Da lief auch der Nikolaus zum Hafen. Waren seine Gebete erhört worden
Ein Vater rief ganz aufgeregt: Da kommt es näher, ich seh` es schon ganz deutlich: ein großes Schiff. Es hat bestimmt viele Nahrungsmittel an Bord. Ich bin gespannt, was sie bei uns im Hafen wollen.“
Das Schiff erreichte das Hafenbecken und legte am Holzsteg an.
Der Kapitän begrüßte die Bewohner von Myra: Guten Tag liebe Leute, wo geht es denn hier zum Markt? Wir brauchen Proviant für die Weiterfahrt, Brot, Obst, Trinkwasser!“
Ein alter Mann sagte traurig: Ach liebe Seeleute, bei uns könnt ihr nichts mehr kaufen. Wir haben ja selber nichts, keine Vorräte mehr, uns alle plagt der Hunger.“
Der Kapitän war sehr bekümmert über diese Nachricht.
Bischof Nikolaus ging zu ihm und fragte: Was lagert auf deinem Schiff? Kannst du uns in unserer Not helfen?
Der Kapitän antwortete: „Ich habe Getreide auf meinem Schiff für die Kornkammern des Kaisers. Wir segeln nach Konstantinopel. Wenn ich euch aber Getreide hierlasse, dann bestraft mich der Kaiser. Wie soll ich euch da helfen?“ Da riefen alle Bewohner von Myra erfreut: Korn, er hat Korn auf dem Schiff. Ihn schickt der Himmel!
Eine Mutter flehte den Kapitän an: „Wenn du uns nicht hilfst, werden wir verhungern! Schau dir die traurigen und hungrigen Gesichter der Kinder an, …“
Der Kapitän aber hatte Angst vor dem Kaiser und wollte kein Korn abgeben, nicht mal für viel Geld.
Da trat der Bischof Nikolaus wieder zum Kapitän und sprach zu ihm: Kapitän, mach dir keine Sorgen, es wird dir kein Korn fehlen. Ich bin der Nikolaus, der Bischof von Myra. Sei barmherzig und gütig, dann ist auch der liebe Gott barmherzig und gütig. Kein Korn wird dir fehlen, wenn du in Konstantinopel ankommst.
Der KAPITÄN fragte verwundert: Wie soll ich dir vertrauen?
Der NIKOLAUS antwortete mit väterlicher Stimme: Dir wird nichts fehlen wenn du in Konstantinopel ankommst, darauf gebe ich dir mein Wort. Denn denen, die geben, wird gegeben. Gib uns so viel wie wir zum Essen brauchen.
Der Kapitän war einverstanden und erlaubte den Bewohnern von Myra, so viel Korn vom Schiff zu nehmen wie sie benötigten. Die Mutter rief zu ihren Kindern: Seht nur, Kinder, wie schwer unsere Männer schleppen. Jetzt haben wir genug zum Essen und auch zum Aussäen auf unseren Feldern. Das haben wir dem Nikolaus und dem Kapitän zu verdanken.
Als der Kapitän die vielen Säcke mit Korn an Land sah, da bekam er Angst und fragte sich: Was hab` ich nur getan? - Pause - Das gibt es doch nicht, das kann nicht wahr sein, ein Wunder ist geschehen, ein Wunder!
Die Schiffsladung war um kein Gramm leichter geworden, so wie es der Nikolaus vorausgesagt hatte. Und auch die Seeleute und die Bewohner von Myra riefen laut: Ein Wunder ist geschehen, ein Wunder! Die Menschen von Myra aber knieten nieder und beteten. Sie dankten Gott für das Kornwunder. Sie dankten Nikolaus und sie dankten dem Kapitän für seine Hilfe. Als das Schiff weiterfuhr, winkten die Menschen ihm nach, bis es am Horizont verschwunden war.
Die Geschichte vom Kornwunder in Myra sprach sich schnell herum, und schließlich auch, ganz weit weg, bis zu uns. Diese Geschichte ist auch ein Grund, warum wir heute, viele, viele Jahre später, den Nikolaustag feiern.

Lied: Sankt Nikolaus ein Bischof war

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